Wissenschaftsrhetorik ohne Evidenz
Antwort auf die ME/CFS-Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
🗓️ 23.7.2025
In ihrer "Stellungnahme" zu ME/CFS präsentiert sich die Deutsche Gesellschaft für Neurologie als wissenschaftsorientiert. Sie behauptet, sich in ihrem Text zu einem "Forschungsstand" zu äußern und postuliert, dass ME/CFS in der DGN eine "wissenschaftlich geprägte hohe Beachtung" erfahre.
"Intensive Forschung" zu ME/CFS sei "schon früh" eine Forderung der DGN gewesen. In einem wissenschaftlich erscheinenden Duktus ruft die DGN dazu auf, "sachlich" und "evidenzbasiert" vorzugehen und lehnt folglich Behandlungansätze ab, die sie als "nicht evidenzbasiert" klassifiziert.
Es ist ein Hohn, dass die DGN vor diesem Hintergrund zu einer der Evidenz diametral widersprechenden und radikal unwissenschaftlichen Empfehlung gelangt: dem Einsatz "therapeutischer Verfahren aus [...] dem Bereich psychischer und psychosomatischer Erkrankungen".
Aufgrund der einst verbreiteten Fehlzuordnung von ME/CFS als "psychisch bedingt" existieren keine Verfahren, die bei dieser Krankheit breiter angewendet wurden als psychologisch-psychosomatisch-psychiatrische, oft in Kombination mit einer graduellen Steigerung körperlicher Aktivität.
Ich frage die DGN: Wo sind nach jahrzehntelanger tausendfacher Erprobung die Erfolge dieser Verfahren? Wo sind die Erkrankten, deren ME/CFS (nicht: deren Begleiterkrankungen) sich aufgrund dieser Verfahren verbessert hat oder gar geheilt wurde? Wo ist die Wissenschaft, die dies belegt?
Die Antwort lautet: Es gibt diese Wissenschaft nicht. Die kümmerliche Arbeitsgrundlage dieser Verfahren ist der abstruse, tief im Gesundheitssystem verwurzelte Fehlschluss, dass eine "unauffällige" körperliche Standarddiagnostik eine psychische Zuordnung und Behandlung rechtfertige.
Diese Vorgehensweise widerspricht nicht nur jeder Logik; sie ist anti-wissenschaftlich, weil sie auf keinen positiven diagnostischen Befunden und keinen positiven Befunden für die Wirksamkeit dieser Behandlungsverfahren beruht. Sie entspricht keiner Wissenschaft, sondern ist medizinische Folklore.
Ja: Wir sollten uns bei ME/CFS an die Wissenschaft halten. Für "therapeutische Verfahren aus [...] dem Bereich psychischer und psychosomatischer Erkrankungen" gibt es allerdings nur eine einzige wissenschaftliche Evidenz: dass sie gegen ME/CFS NICHT funktionieren!
Anhang
"Zum aktuellen Forschungsstand bei ME/CFS. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)", 22.7.2025
https://www.dgn.org/artikel/zum-aktuellen-forschungsstand-bei-me-cfs (Stand 23.7.2025)
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