Die Long-COVID-Forschung sollte ihre Ausrichtung überdenken. Wie sinnvoll ist es beim jetzigen Forschungsstand – über die Pathomechanismen weiß man wenig –, den Fokus immer wieder auf den speziellen Auslöser SARS-CoV-2 zu richten, wenn infolge anderer Infektionen die gleichen Krankheitsbilder entstehen?
Neben Long-COVID-Forschung im engeren Sinne braucht es übergreifende Forschung zu postakuten Infektionssyndromen insgesamt. Hierbei sollte nicht einfach nach dem Auslöser, sondern vor allem nach Symptomclustern differenziert werden, und das sehr genau. Andernfalls wird man schwerlich etwas Handfestes herausfinden.
Ein Beispiel für ein auslöser-übergreifendes Symptomcluster, das seit Jahrzehnten bekannt ist und meist nach Infektionen entsteht, ist ME/CFS. Die Long-COVID-Forschung sollte dahingehend von der ME/CFS-Forschung lernen, dass zu untersuchende Gruppen auch anhand des klinischen Bilds abzugrenzen sind.
Patient A, der infolge von SARS-CoV-2 die Diagnosekriterien für ME/CFS voll erfüllt, ist Patient B, der diese Kriterien infolge von Influenza ebenso erfüllt, möglicherweise medizinisch näher als Patient C, der infolge von SARS-CoV-2 unter ein oder zwei unspezifischen "Long-COVID-Symptomen" leidet.
Die Frage ist immer: Wer stellt eine zweckmäßig definierte zu untersuchende Gruppe dar, und wen vergleicht man womit? Die Long-COVID-Forschung hat bislang auf diese Frage leider in zu vielen Fällen keine befriedigende Antwort gefunden.
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