Die Aura der Unklarheit

Für die Psychologisierer von ME/CFS reicht es, Zweifel zu sähen

🗓️ 27.9.2024



Eine Hand hält eine runde, eingerahmte Glasscheibe in die Höhe. Dahinter befindet sich ein Himmel mit abendlichem Sonnenlicht.

Wenn eine Krankheit wie ME/CFS den Ruf hat, sie sei "umstritten", hilft das den Psychologisierern dieser Krankheit. Warum? Weil dann das abstruse Prinzip greift, dass es zulässig sei, von einem vermeintlichen Mangel an eindeutigem Wissen auf den Faktor "Psyche" zu schließen.

 

Psychologisierer haben also ein leichtes Spiel. Sie müssen keine positiven Belege für angebliche "psychische Ursachen" zu präsentieren, sondern brauchen nur Zweifel zu sähen. Zweifel an dem, was Betroffene und biomedizinisch Forschende über die Krankheit herausfinden.

 

Genau deshalb hören die Psychologisierer nicht auf, bei ME/CFS von diffuser "Erschöpfung" und "Müdigkeit" zu reden statt von PEM. Sie verwischen die Begriffe und torpedieren jeden Fortschritt an sprachlicher Präzision, weil sie wissen, dass sie von der Aura der Unklarheit profitieren.

 

Wir sollten ihnen diesen strategischen Vorteil nicht länger gönnen. Erstens ist es falsch, dass wir über ME/CFS nichts wissen. Die Annahme, ME/CFS sei ein einziges medizinisches Chaos, war schon vor 20 Jahren Unsinn. Heute ist sie lächerlich und verrät die Unkenntnis des Behauptenden.

 

Zweitens folgt aus tatsächlichem Nicht-Wissen über eine Krankheit nicht, dass diese "psychisch" ist. Aus Nicht-Wissen folgt lediglich der praktische Schluss, dass man sich weiter bemühen sollte, positives Wissen hervorzubringen. Über die Ursachen einer Krankheit sagt Nicht-Wissen: nichts.